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Die Musikantendirn.

Eine Geschichte im Stille Terry Pratchets

Unter einer hohen, prächtigen Burg, im kleinen Dorf Nixgiebtz, gab es vor Zeiten eine Taverne namens "Zur Musikantendirn" in welcher man nicht nur schlecht sitzen, sondern auch billig Teufelspech kaufen konnte. So zumindest die Gerüchte.
Diese waren auch Knappe Kohlweg und seinen Burgfreunden aus Forstadt zu Ohren gekommen. Als angehende furchtlose Ritter fühlten sie sich selbstverständlich verpflichtet selbige zu prüfen.
Also fast. Zu Knabe Kohlwegs Erstaunen, der zum erstenmal mit hartgesottenen Rittersleuten zu tun hatte, erhob sich ein Sturm der Entrüstung welcher seiner edlen Freunde Ritter Malzbier auf seinen gefährlichen Weg begleiten dürfe: "Ne Alter, ich war das letzte Mal dabei!" "Du, Alter? Ne Alter, ne!"
Man wurde sich schnell einig diese Ehre Knappe Kohlweg zu überlassen. Ihm wäre es an der Zeit sich endlich den Ritterschlag zu verdienen. "Ey, sieh`s ein. Malzbier braucht `nen Leibwächter. Da bist du genau der richtige Typ für." Und ab an die Front.
Unerschrocken zogen die beiden los und wirklich: In einer dunklen Ecke gab ein unheimlicher Verkäufer die mystische Substanz in Ritter Malzbiers Hand. Doch kaum war der Bote der Unterwelt in die Nacht entschwunden ertönte eine freundliche Stimme: "So, und jetzt nehmen wir mal schön die Hände aus den Taschen."
Die Stadtwache!
Ausreden wie "Was? Das Zeug ist illegal?" halfen nichts. Ritter Malzbier musste in Arrest. Sein letztes Wort als erging war "Scheiße", die ersten als er wiederkam: "Da gab`s auch nix zu rauchen.".
Doch von Rückschlägen lassen sich unsere Helden nicht entmutigen. Furchtlos zogen sie erneut ins Gefecht.
Diesmal alle zusammen.
Wieder eine dunkle Ecke . In der Ferne schimmert eine schwache Gaslaterne. Ein silberig glänzender Gegenstand wechselt von Hand zu Hand.
"Das ist zuwenig."
"Das ist zuwenig."
"Das ist zuwenig."
"Das ist zuwenig."
"Das ist zuwenig."
"Das ist ein Kaugummi."
"Was?"
"Das ist ein Kaugummi!"
Das geheimnisvolle Päckchen ging seinen Weg zurück.
"Das ist ein Kaugummi."
"Das ist ein Kaugummi."
"Das ist ein Kaugummi."
"Das ist ein Kaugummi."
"Weg ist er."
Im Laufe der Jahre erwarben unsere Freunde unter anderen: Eine Sechskantmutter, diverse Baumaterialien wie Holz, Stein und Dachpappe, alles schön in Silberfolie gewickelt, 27 Gramm Schwarzer Tee, 16 Gramm grüner Tee sowie einen Teebeutel. Leider zu völlig überteuerten Preisen.
Ritter Malzbier, durch Erfahrung gestählt, ging seiner gefahrvollen Wege nun meist allein. Seine mutigen Gefährten ließen sich lieber vom örtlichen Pizzadienst beliefern. Der kam wenigstens pünktlich und brachte auch wirklich Pizza
Doch Gefahr drohte von anderer, viel schrecklicher Seite.
Dem Bürgermeister war der üble Ruf der Musikantendirn ein Dorn im Auge. Wahrscheinlich hatte er ebenfalls versucht dort Zauberutensilien zu kaufen. Und es trat Häuptling Flinker Fuchs auf den Plan. Bekanntlich fürchten Räuber andere Räuber mehr als die Wache.
Und so geschah das Unerhörte:
Wohl war es möglich in der Musikantendirn ein indonesisches Tempelei zu kaufen, auch wenn man dort noch nie von den Zeug gehört hatte, auch kann man selbiges mit einer Walnuss verwechseln, aber wenn diese Walnuss dann auch noch klappert, weil sie innerlich verfault ist und damit für den menschlichen Verzehr völlig ungeeignet, ist einfach Schluss!
Ritter Malzbier war mit den Nerven am Ende und deshalb schwer in seiner Ritterehre gekränkt.
Voll gerechter Wut rief er seine Gefährten zum Kriegsrat. Mäßigende Einwände wie "Warum zum Teufel müssen wir in diese Scheißkneipe wenn es um jeder Ecke einen Gemischtwarenladen gibt?" wurden durchgewunken und so fuhr die gesammelte Ritterschaft mit den Schlachtruf "Scheiß auf die Wale, rettet die Kneipe." gegen Nixgiebtz. Leider.
Kaum in der Musikantendirn angekommen verteilte sich die Ritterschaft und ging auf die Pirsch. Knappe Kohlweg fand als erstes einen vertrauenerweckenden Kräuterhändler und holte auch sogleich Ritter Malzbier. Als dieser den Fremden erblickte blieb er wie gegen eine Wand gelaufen stehen und fragte ihn sogleich:
"Du willst diesen Mann Pech verkaufen?"
"Jep."
"Steht unter meinen Schutz"
"Jep."
"Ich hau dich!"
"Jep."
"Los, gib ihm unser Geld!"
"Jep."
"And now Fuchs? Same prodiussere as last weekend?"
"Malzbier, same prodiussere as every weekend!"
Knappe Kohlweg, der dem Gespräch geistig nicht folgen konnte, erkundigte sich:
"Sag mal, kennt ihr euch?"
"Das ist der Fuchs! Der Fuchs !! Der Fuchs !!!"
"Und wer ist der Fuchs?"
"Ein Verbrecher!"
"Ein Kräuterhändler?"
"Nein! Ein richtiger Verbrecher !!"
"Sag mal, wo ist der der eigentlich?"
"Ist der Kerl jetzt schon weg ?!?"
Ritter Malzbier wirbelte wie ein Tornado durch Kneipe und Nachbarschaft. Er suchte in Mülleimern und unter dem Tresen. Schließlich zerrte er den Gesuchten hinter einer Kutsche hervor. Mit geübten Ringergriffen wirbelte er den Entsetzten mehrmals durch die Luft, stellte ihn wieder auf die Beine, nahm ihn in den Schwitzkasten und brüllte los:
"Das ist der Fuchs! Der Fuchs!! Der Fuchs!!!
Bei Sichtung umhauen! Sofort umhauen!!
Nicht lang plagen, Fresse schlagen!
Und Du !! Vorwärts! Ich will Pech haben!"
Häuptling Flinker Fuchs waren inzwischen nur noch zwei Dinge klar. Erstens: Sein Gegner wusste offensichtlich nicht was er wollte. Zweitens: Er war finster entschlossen dies auch durchzusetzen. Also tat Flinker Fuchs wie befohlen und rannte in Richtung Horizont. Mitsamt ihren Talern. Und Ritter Malzbier hinterher.
Der arme Knappe begriff inzwischen nur noch das er gar nichts begriff. Doch lange bevor er anfing sich ernsthaft Sorgen zu machen tauchte Häuptling Flinker Fuchs auch schon aus einen Seitengässchen wieder auf.
"Dein Kumpel kommt gleich!"
"Ach, und warum kommt ihr nicht zusammen?"
"Ich bin die Burgmauer hochgeklettert."
"Was? Ne, bist du nicht!"
"Da kommt ja schon dein Kumpel. Der erklärt`s dir."
Das staunende Volk sah Ritter Malzbier in voller Pracht die Hauptstraße entlang donnern.
"War der Fuchs da?"
"Jaaa...?" antwortete der Knappe sich langsam umschauend.
"Und? Hast du ihn umgehauen?"
Nach getanem Werk versammelten sich unsere mutigen Rittersleute erst mal zur Lagebesprechung. "Also Malzbier: Fuchs ist weg. Jetzt versuch dich bitte zu konzentrieren." Wie auf der letzten Gralssuche wurde das wenige, übrig gebliebene Tafelsilber zu Münze gemacht und unsere Helden wandelten erneut dunkler Wege.
Und wirklich! Ritter Malzbier vollbrachte das Wunder! Wie Flinker Fuchs und seinem Stamme zum Trotze: Er kaufte Teufelspech in der Musikantendirn !!
Nie werden seine Gefolgsleute sein freudestrahlendes Gesicht vergessen als er an ihnen vorbeifuhr, im grünen Wagen der Stadtwache, beide Hände zum Siegeszeichen geformt und, durch die Gitterstäbe hindurch, weit ins Freie gestreckt.
Ihre eigenen Kutscher fuhren gleich los. Sie machten sich gar nicht erst die Mühe die Ritter einsteigen zu lassen. Unsere Adligen waren gezwungen öffentliche Kutschen zu nehmen wo sie schon vor dem Einsteigen ein Schwarzes Ticket verpasst bekamen.
"Na, ihr schon wieder?"
Kopfnicken.
"Und wieder keine Fahrkarte?"
Kopfschütteln.
"Und wieder keine Kohle?"
Kopfschütteln.
"Bitte hier unterschreiben."
Seitdem habe ich nie wieder etwas von der Musikantendirn gehört. Eigentlich schade. Ritter Malzbier hat sie wirklich geliebt.
 
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